Seit 1982 fördert die Firma Hamburg Wasser Grundwasser in der Lüneburger Heide zur Versorgung von Kunden in Hamburg. Die 1974 dafür erteilte Genehmigung ist im Jahre 2004 ausgelaufen. Seitdem fördert Hamburg Wasser mit einer Sondergenehmigung der damaligen Lüneburger Bezirksregierung maximal 15,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr weiter.
Nachdem ein erster Anschlussantrag zur Grundwasserförderung durch Hamburg Wasser aufgrund fachlicher Mängel 2009 gescheitert war, beantragte der Versorger 2014 sogar eine Steigerung der Entnahme - und dies auf einen Zeitraum von 30 Jahren.
Genehmigung im Jahre 2019
Seit 2019 darf Hamburg Wasser nach Erteilung einer gehobenen Erlaubnis für die nächsten 30 Jahre durchschnittlich 16,1 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr fördern. In einzelnen Jahren dürfen es sogar bis zu 18,4 Millionen Kubikmeter sein, dann muss die Fördermenge in anderen Jahren allerdings entsprechend gesenkt werden.
Klageverfahren gegen den Beschluss
Sowohl Hamburg Wasser als auch die Interessengemeinschaft Grundwasserschutz Nordheide (IGN) haben gegen diese gehobene Erlaubnis geklagt. Für Hamburg Wasser ist die Menge zu gering, für die IGN deutlich zu hoch. Der BUND Regionalverband Elbe-Heide hatte der IGN bei der Klage im Vorfeld fachliche Unterstützung bei Grundwasserthemen geleistet. Am 6. und 7. Oktober 2021 fand die Verhandlung der Klagen vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg statt.
Die Verhandlung war enttäuschend. Hamburg Wasser bestritt den größten Teil der Sitzung mit schon oft vorgestellten Präsentationen und schaffte es so von den Schwerpunktproblemen abzulenken, dass der Vorsitzende Richter am zweiten Tag nach der Mittagspause die Erörterung abbrach, da die Richter „am Ende der Aufnahmefähigkeit seien“. Somit wurden die naturschutzfachlichen Themen in der Sitzung bis auf einen Minimalbeitrag zum Hangquellmoor bei Weihe gar nicht erörtert.
Für den Vorsitzenden Richter war offensichtlich der wesentliche Beitrag der zwei Tage die Stellungnahme des Gewässerkundlichen Landesdienstes (GLD), der einen Freibrief für die Genehmigung erteilte.
Als Ergebnis wurden alle Klagen gegen die gehobene Erlaubnis abgewiesen. Hamburg Wasser prüft gegenwärtig noch, ob sie in Revision gegen das Urteil gehen wollen. Ob die IGN sich eine solche kostenmäßig leisten kann ist gegenwärtig nicht klar.
Einer der "Pastorenteiche" in der Weseler Heide bei Undeloh trocknet trotz hoher Regenmengen in 2021 gerade aus.
Konsequenzen aus dem Urteil
Der BUND Regionalverband Elbe-Heide wird auch in Zukunft die Situation in den Gewässern insbesondere in den FFH-Gebieten beobachten. Ihm steht nach Veröffentlichung der schriftlichen Urteilsbegründung noch die Alternative einer EU-Beschwerde gegen das Verfahren im Hinblick auf das Schutzregime der Flora-Fauna-Habitate offen.
Darüber hinaus stehen weitere Fördergenehmigungen insbesondere für die landwirtschaftliche Bewässerung an. Hier geht es um größere zweistellige Millionen Kubikmeter als Fördermenge.
Wichtig wird es bei allen Wasserrechtsverfahren in Zukunft sein, eine dauerhafte Beobachtung von Natur und Gewässern durch die Bürgerinitiativen und Naturschutzverbände zu organisieren, da diese leider im Zuge der Genehmigungsverfahren nur rudimentär realisiert werden.
Häufig gestellte Fragen zum Verfahren
Worum geht es beim Thema Grundwasserförderung durch Hamburg Wasser?
Aus Sicht von Hamburg Wasser geht es darum, Grundwasser in der Lüneburger Heide kostengünstig für die Versorgung von Hamburg zu fördern und dabei die vorhandene Infrastruktur des Wasserwerks Nordheide bei Garlsdorf wirtschaftlich auslasten zu können.
Aus Sicht des BUND geht es darum, eine Grundwasserförderung so zu begrenzen, dass keine schwerwiegenden Schäden an der Umwelt durch die Förderung allein aber auch in Zusammenspiel mit anderen Grundwasserförderungen entstehen.
Seit wann gibt es die Förderung und wie hat sich diese entwickelt?
Seit 1982 fördert Hamburg Wasser Grundwasser in der Lüneburger Heide. Zuerst hat man versucht, die Förderrate bis zur maximal genehmigten Menge von 25 Millionen Kubikmetern Wasser im Jahr zu steigern, aber schon im Jahre 1985 wurde deutlich, dass diese Größenordnung in der Lüneburger Heide nicht umweltverträglich gefördert werden kann. Seit dem hat man im Mittel 16 Millionen Kubikmeter Grundwasser im Jahr gefördert. Seit 2004 darf Hamburg Wasser per Sondergenehmigung der damaligen Bezirksregierung 15,7 Millionen Kubikmeter Grundwasser fördern.
Was waren bisher die Hauptkritikpunkte und wie hatte Hamburg Wasser darauf reagiert?
Der Hautkritikpunkt war, dass Hamburg Wasser in 35 Jahren niemals eine fachlich qualifizierte Untersuchung hinsichtlich der Auswirkungen einer Grundwasserförderung auf die Oberflächengewässer durchgeführt hat und das obwohl zunehmend reduzierte Wasserstände in den Bächen und Flüssen im Fördergebiet aufgetreten sind. Statt dessen wurden Auswirkungen auf die Oberflächengewässer immer bestritten.
Was sind die Hauptkritikpunkte am aktuellen Verfahren?
Eine fachlich qualifizierte Untersuchung der Auswirkungen einer Grundwasserförderung auf die Oberflächengewässer wurde nicht durchgeführt. Die dafür notwendigen Methoden sind einerseits seit 30 Jahren bekannt, andererseits hat der BUND im April 2013 Hamburg Wasser die dafür notwendigen Unterlagen zur Verfahrenstechnik zur Verfügung gestellt. Diese weltweit anerkannten Verfahren zur Messung existierender und Berechnung zukünftiger Auswirkungen der Grundwasserförderung auf die Bäche und Flüsse im Fördergebiet hat Hamburg Wasser konsequent ignoriert.
Die Verfahren zur Abflussreduzierung durch Grundwasserförderung werden im wesentlichen im folgenden Dokument beschrieben:
Barlow, P.M., and Leake, S.A., 2012, Streamflow depletion by wells—Understanding and managing the effects of groundwater pumping on streamflow: U.S. Geological Survey Circular 1376, 84 Seiten
Fachliche Hintergrunde zu den Auswirkungen einer Grundwasserförderung auf Natur und Umwelt