Regionalverband Elbe-Heide

Einführungstext

Nur wenige Insektenordnungen stoßen im Allgemeinen auf eine ähnlich große Wertschätzung wie die Libellen. Wir alle erfreuen uns am Anblick einer farbenprächtigen Libelle, bewundern ihre atemberaubenden Flugmanöver und staunen über ihr kompliziertes Fortpflanzungs- verhalten. Gerade das Naturschutzgebiet „Kalkberg“ stellt für diese Tiere ein hochwertiges Refugium und Kleinod dar.

In der Vergangenheit allerdings begegneten Menschen den Libellen nicht immer unvoreingenommen. „Teufelsnadel“, „Augenstecher“, „Pferdestecher“ – es hat Zeiten gegeben, in denen Menschen Libellen gegenüber mit großer Abscheu und Angst reagierten. Man vermutete am Ende des Hinterleibes einen Stachel, fühlte sich von kräftigen Kiefern und lautem Flügelknistern bedroht. Kein Wunder – gehören Libellen doch zu den größten Insekten der Erde.

Mittlerweile jedoch hat mit dem Wissen auch das Interesse für Artenvielfalt, Verbreitung, Ansprüche an den Lebensraum, Verhalten und Körperbau dieser faszinierenden Tiere zugenommen.

Dabei ähneln sie den zur Blütezeit der Dinosaurier vor 150 Millionen Jahren lebenden Arten sehr. Libellen stellen also eine sehr ursprünglich gebliebene Insektenordnung dar.

Wir sollten daher nicht zuletzt deshalb diesen Tieren mit Respekt begegnen und ihnen den Schutz gewähren, den sie verdienen – und auch benötigen:

Zwar steigt einerseits in Deutschland aufgrund des Klimawandels und vermehrter Anstrengungen im Bereich Biotopschutz seit einiger Zeit die Zahl der beobachteten Libellenarten wieder. Zum Beispiel breitet sich die wärmeliebende Westliche Feuerlibelle (Crocothemis erythraea) aus Südeuropa seit den späten 90er-Jahren nach Norden aus und wird vielleicht schon bald auch am Kalkberg beobachtet werden können.

Andererseits sind viele der 73 in Niedersachsen vorkommenden Arten selten geworden, ein Drittel ist im Bestand bedroht oder gar ausgestorben. Ursache ist u. a. wie so oft die Zerstörung von Lebensräumen wie die Entwässerung von Mooren und Feuchtgebieten oder Flussbegradigungen sowie der Einsatz von Pestiziden bzw. Düngemitteln in der Landwirtschaft besonders im Einzugsbereich von Gewässern. Die vermehrt angelegten Gartenteiche werden zwar schnell von Libellen besiedelt, jedoch helfen diese Maßnahmen nur sehr wenigen häufigen Arten und auch diesen nur, wenn auf den Besatz von Fischen verzichtet wird.

Es bleibt also zu wünschen, dass das NSG „Kalkberg“ seine Bedeutung nicht nur für Libellen, sondern ebenso für alle anderen hier vorkommenden Tiere und Pflanzen auch weiterhin behält.

Vor dem Hintergrund, dass es sich beim Kalkberg in Lüneburg um ein sehr kleines, zudem mitten in der Stadt liegendes NSG in einem großen Flächenbundesland handelt, wurden mit 16 Libellenarten beachtliche 22 % aller in Niedersachsen vorkommenden Arten festgestellt:

  • Westliche Weidenjungfer (Chalcolestes viridis)
  • Plattbauch (Libellula depressa)
  • Blaue Federlibelle (Platycnemis pennipes)
  • Große Königslibelle (Anax imperator)
  • Hufeisen-Azurjungfer (Coenagrion puella)
  • Vierfleck (Libellula quadrimaculata)
  • Große Pechlibelle (Ischnura elegans)
  • Schwarze Heidelibelle (Sympetrum danae)
  • Frühe Adonislibelle (Pyrrhosoma nymphula)
  • Blutrote Heidelibelle (Sympetrum sanguineum)
  • Blaugrüne Mosaikjungfer (Aeshna cyanea)
  • Große Heidelibelle (Sympetrum striolatum)
  • Torfmosaikjungfer (Aeshna juncea)
  • Gemeine Heidelibelle (Sympetrum vulgatum)

2021 am Kalkberg von Dr. Timon Kuff festgestellt:

  • Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca)
  • Blauflügel-Prachtlibelle (Calopteryx virgo)

 


                                                                                                        Stefan Brand